Im Süden grenzt die Ukraine an Rumänien. Die Grenzlinie verläuft über gut 100km im Westen von Moldavien aus nach Osten an das Schwarze Meer. Naiv auf der Karte betrachtet sollte man meinen, dass es auf dieser Strecke mindestens einen Grenzübergang nach Rumänien geben muss. Falsch gedacht. Es gibt keinen einzigen Übergang. Der nächste ist im Norden in der Karpaten. Das bedeutet über 1’300km Umweg. Es gibt allerdings die Möglichkeit via Moldawien einzureisen und 2000m (in Worten: Zweitausend Meter) später den Grenzübergang nach Rumänien zu nehmen. Hmm! Zwei Grenzübergänge oder 1’300km Umweg. Wir wählen die Option 1.
Wir stellen uns also der Herausforderung - tief durchatmen. Zur Ukraine hinaus ist es einfach. Wir werden durchgewunken – keine Wartezeit. Nun stehen wir zusammen mit einigen 40ig Tönner an der Grenze zu Moldawien. Wir werden freundlich nach vorne gewunken und stellen das Fahrzeug auf einen Abstellpatz.
Alle Dokumente vorweisen! Danach wurden wir nach Waffen, Elektroschocks und Pfefferspray befragt. Bei den ersten zwei konnten wir locker verneinen beim dritten dachte Marlene nur so «ach Scheisse, der steht im Spiegelkasten». OK, auch mal verneinen.
Die ersten drei Herren haben unsere Kabine bis in den hintersten Winkel durchwühlt. Beim Öffnen des Spiegelkasten hat Marlene den Spray immer hinter dem Nessesair mitgeschoben und als der Grenzbeamte auch das noch rausnahm, hat sie ihn hinter die anderen diversen Tuben gestossen. In einer unbeobachteten Sekunde wandert der Spray in ihre Unterhosen. Von dort aus in den öffentlichen Kübel beim Zoll. Es brannte unter meinen Händen und mein Herz pochte bis zum Hals. Was bin ich doch bloss für eine coole, raffinierte Unimogbraut.
Nachdem alles einmal gedreht worden ist, durften wir die Kabine schliessen und das Prozedere wurde anschliessend auch von aussen durchgeführt. Unser Gertel (Hippe) und die Axt fanden die Grenzbeamten zur Einfuhr nicht ideal und haben uns die Werkzeuge zu unserem grossen Ärger kurzerhand abgenommen.
Alles dann endlich ein Ende in Sicht war, haben wir noch den Papierkram ausgefüllt, abgegeben und gewartet. Nach einer weiteren Stunde kam wieder ein Herr, andere Uniform, andere Streifenanzahl und vielleicht einen Stern mehr am Hemd und wieder alles öffnen, wieder überall die Hand reinstecken und rumtasten. Wir standen etwas rat- und hilflos daneben und haben es nochmals über uns ergehen lassen. Ja Ihr wisst was kommt. Nach wieder 1h warten kam der 5 und es hiess nochmals zurück auf Anfang. Mit Geld im Pass, hätten wir das Ganze wohl schneller erledigen können aber wir unterstützen die Korruption nicht.
Als sie nach der EU Transitbewilligung für Gütertransport nachfragten, hat Dani energisch erläutert, dass wir die Waren im Kühlschrank selbst essen und das Gefährt ein Camper und kein Gütertransport ist. Man hatte anschliessend dies Info nochmals intern besprochen. Nach 4.5h durften wir endlich einreisen, um nach 2km wieder ausreisen zu können. Ein Wahnsinn!
Die Rumänen haben uns auf der anderen Seite der Donau mit offenen Armen empfangen und es gab Süssigkeiten und eine Fotosession mit den Grenzbeamten, einfach nur grossartig. Nach total 5 Stunden fahren wir in Rumänien ein und fühlen uns willkommen.
Wir suchen uns einen Schlafplatz an einem der unzähligen Seen im Donaudelta. Es ist nicht schwierig, ein geeigneter und ruhiger Platz ist schnell gefunden. Wir waren allerdings nicht lange allein. Ein junger ausgehungerter Hund nähert sich unserem Lager. Zuerst schüchtern, dann zutraulich und später etwas aufdringlich. Während unserer Yogasession am nächsten Morgen war es fast nicht möglich ungestört unsere Übungen zu machen. Stupsen, abschlecken, Yogamatte beissen. Paar Minuten später schleift er unser Rucksack durch die Gegend. Die notwendige Entspannung beim Yoga will nicht so aufkommen. Also abbrechen, frühstücken und weiterfahren.
Seit gestern macht der Motor im Standgas seltsame Geräusche. Das Klingeln im Bereich der Kupplung ist beunruhigend. Schalten und Kuppeln funktioniert einwandfrei und bei normaler Fahrt ist das Klingeln weg. Wir fahren in die nächste grössere Stadt und erkundigen uns nach einer Werkstatt. Wir wurden zielgenau hingeführt von einem Automobilisten der unsere fragenden Gesichter gesehen hatte. Die Mechaniker in der Werkstatt hatten soeben Mittagszeit, schienen diese aber für uns abrupt beendet zu haben. Minuten später stand einer da und machte unmissverständliche Handbewegungen, dass wir den Motor starten und die Motorhaube öffnen sollen. Einmal in der Motorraum geschaut und einmal unter das Fahrzeug gekrochen und die Ursache war gefunden. Es hatten sich zwei Schrauben der Motoraufhängung gelöst. Die beiden M14 Mutter dazu haben sich vollständig gelöst und sind abgefallen. Nur die beiden massiven Schrauben steckten noch drin und haben vermutlich schlimmeres verhindert. 30 Minuten später bezahlen wir die 150.- LEI (ca. CHF 33.-) für die Reparatur und zwei Ersatzmuttern.
Murighiol ist eines der bekanntesten Dörfchen und Ausgangsorte für Tripps ins Donaudelta. Es hat unzählige kleine sehr familiäre Campingplätze. Park4night hilft uns einmal mehr bei der Entscheidung. Adeline und Ovidiu haben uns sehr herzlich empfangen und Dani mit dem Unimog in ihr kleines Reich mit schmuckem Garten eingewiesen. Als Willkommensgeschenk haben wir drei frisch gelegte Eier von ihren eigenen Hühnern bekommen. Einmal mehr staunen wir ob der Herzlichkeit der Menschen. Liebe Alle, sind wir Schweizer auch so offen, grosszügig und gastfreundlich? Ja klar, Eier haben wir nicht zu verschenken aber wir machen uns da schon so unsere Gedanken und lernen viel aus diesen Begegnungen. Wie schätzt ihr euch so ein?
Eine ausgiebige, heisse Dusche hatten wir schon lange ersehnt und es fühlt sich genau so an wie wir es uns vorgestellt hatten – unschlagbar. Zudem nehmen wir den von Adeline angebotene Laundry-Service in Anspruch. Waschen einmal Alles inkl. Bettwäsche bitte! Sechs Maschinen und zwei Tage später duftet alles wieder wie eine Frühlingswiese.
Am darauffolgenden Tag um 06.00 klingelt der Wecker. Wir haben Mühe so früh aus den Federn zu steigen. Wir sind es uns nicht mehr gewohnt. Wir haben zusammen mit Ovidiu als unsern Guide, eine Bootsfahrt ins Innere des Donaudeltas unternommen. Das Biosphärenreservat Donaudelta befindet sich im Mündungsgebiet der Donau in das Schwarze Meer. Im Biosphärenreservat konnten bisher etwa 5200 Tier- und Pflanzenarten katalogisiert werden und einige davon haben wir gesehen, versteckt in Gebüschen oder in hohen Baumkronen (Fernstecher sein Dank). Dani hofft, dass er Rosapelikane zu sehen bekommt und er kommt voll auf seine Kosten. Diese mussten wir nicht lange suchen den wir fanden sie zu hunderten in den verschiedenen Seen am Jagen. Wir haben Seeadler, Buntspechte, Reiher, Kormorane, Eisvögel und so vieles mehr gesehen, wie ihr auf den Fotos sehen könnt.
Die Freunde von Ovidiu die als Fischer in bescheidenen Unterkünften leben haben uns ihre Fischernetze gezeigt und erklärt wann sie mit welchen Netzen wo fischen dürfen. Um eine Überfischung zu verhindern ist das Fischerhandwerk klar geregelt. Das Regelwerk schreibt vor in welchem Zeitraum, wo mit welchen Netzen gefischt werden darf.
Zur grossen Freude von Marlene leben bei den Fischern auch ganz viele Katzen, welche sehr zutraulich waren und sie hätte gerne ein Kitten unter die Jacke geschoben. Auch die vielen Strassenhunde mit oder ohne Welpen könnten wir alle einpacken. Aber wir haben uns gegen einen Hund entschieden. Die Grenzübertritte sind auch ohne Haustieren eine Herausforderung. Wir schenken ihnen für einige Momente unsere Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe und ev. bei Bedarf noch Futter.
Die Weiterfahrt am Schwarzen Meer entlang hat uns viele schöne Kitespots und Schlafplätze geboten. Wir haben lange Spaziergänge an menschenleeren Stränden unternommen und die Millionen von Muscheln bewundert. Bei exakt einem solchen Spaziergang haben wir nach etlichen Kilometern 3 Camper gesichtet und Kites im Sand.
Marlene, neugierig wie sie ist, ging zu den Familien und suchte das Gespräch. Bald darauf haben wir den Marsch zurück angetreten und unseren Unimog in ihre Wagenburg integriert und eine witzige, unterhaltsame Nacht am Feuer verbracht. So kam Dani in den Genuss einer typischen, lokalen Mahlzeit. Gebratenes Schweinefett auf Brot mit viel Zwiebeln. Wir erfuhren einiges über die Gipsys und Romas sowie über den Wandel Rumäniens nach der Hinrichtung von Nicolae Ceausescu, dem ehemaligen Präsidenten/Diktator Rumäniens. Die rumänische Revolution von 1989 war eine Kette von Demos, Unruhen und blutigen Kämpfen die zum Sturz und zur Hinrichtung des Diktators und seiner Frau führten und zum Ende des realsozialistischen Systems.
Am nächsten Tag sind wir am Strand entlang in Richtung bulgarische Grenze in die Hafenstadt Constanta gefahren. Offenbar haben wir die Grenze zu einer militärischen Zone überschritten. Plötzlich stehen alte ausrangierte Panzer, Bunker und Funkanlagen unmittelbar am Strand. Alles zurück oder die restlichen Meter auf der anderen Seite raus? Wir haben uns für die zweite Variante entschieden. Nun hoffen wir, dass wir morgen ohne Problem nach Bulgarien einreisen können, denn auch die Maut haben wir erst gestern bezahlt. Mal schauen.
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